
So schmeckt der Sommer in Berlin! Es ist schneeweiß, cremig und erinnert Leute jenseits der 40 an ihre Kindheit auf der östlichen Elbseite: Das DDR-Softeis ist wieder da. Eine Wiedergeburt erlebte die kultige Süßspeise mitten in Berlin an der East Side Gallery in Friedrichshain. Junge Leute mit blauen Halstüchern und Käppis zapfen Schoko/Vanille wie vor 40 Jahren aus der original Ilka-Softeismaschine aus DDR-Produktion.
Die jungen Eismacher zeigen ihre Revival-Innovation im Januar 2017 auf der Grünen Woche in Berlin, der weltweit größten Verbrauchermesse rund um Ernährung und Landwirtschaft mit 400.000 Besuchern. Hier zapfen Tim Schröder und Friedrich Mühlmann das Eis nach leicht veränderter Ost-Rezeptur in Waffeln der damals typischen Muschelform. Mit einem Lächeln und vielen Worten reicht Nicole Hartmann einen ganz kleinen bunten Löffel aus Plastik dazu.

Wie damals in der DDR trägt jeder dieser kleinen Löffel Namen wie Bärbel, Emma, Ulf oder Marie. „Während der Grünen Woche sind mehr als 5000 Portionen über unseren Ladentisch gegangen“, erzählt Nicole Hartmann. Man sieht ihr an, wie gern die 28-Jährige über das Eis, die Muschelwaffeln und über das junge Unternehmen spricht. Das Gespräch mit dem Alpha-Report kommt schnell auf die Unternehmens-Gründerin. Studentin Karolina Stich entdeckt in den neuen Bundesländern eine Eisdiele, die dieses cremige Eis in DDR-Tradition anbietet – da war sie, die Geschäftsidee. Karolina Stich kauft sich eine DDR-Eismaschine. Sie steht bei den Herstellern der Muschelwaffeln und Minilöffeln vor der Tür und bastelt aus diesen drei Zutaten ein kleines Unternehmen. Das war 2015. Die Berliner mögen das alte-neue Eis. 25 000 Softeis-Muscheln verkauft sie zusammen mit ihrem Geschäftspartner Robert Tech im ersten Jahr. „Inzwischen sind wir mit drei Verkaufsanhängern unterwegs, nicht nur in Berlin“, erzählt Nicole Hartmann am Verkaufstresen der Grünen Woche. Ein nächster großer Schritt in der Firmengeschichte steht an: „Ab Frühjahr gibt es unser Softeis in durchsichtigen 150-ml-Verpackungen in einigen Supermärkten. Natürlich mit Minilöffel.“

Das Markenzeichen der jungen Eisverkäufer erinnert an den Arbeiter- und Bauernstaat: Weiße Bluse, blaues Halstuch und Käppi. Das war die Einheitstracht der Jungpionieren zwischen 1949 und 90. „Nein, wir wollen die DDR nicht zurück und auch keine Geschichte verklären“, sagt Nicole Hartman. „Wir sind Eisverkäufer, völlig unpolitisch. Wir sehen die kleinen Pioniere wie sie wirklich waren, unschuldig und neugierig.“ Absichtlich verzichten die Eismänner und -frauen auf Embleme und Symbolik aus DDR-Zeiten. Das kleine Unternehmen hat mittlerweile mehr als 20 Mitarbeiter.
Woher Ilka ihren Namen hat
Softeis ist ganz normales Speiseeis (meist 75 Prozent aus Milch) mit spezieller Herstellung im Automaten. Dabei wird ein flüssiger Eis-Mix in den Gefrierzylinder der Eismaschine eingefüllt und auf minus sechs Grad abgekühlt.

Ein Rührwerk im Innern des Zylinders hält den gekühlten Eis-Mix in ständiger Bewegung, das per Überdruck mit Luft aufgeschäumt in die Muschelwaffel gepresst wird. Die Softeismaschinen wurden von 1962 bis 1992 im Niedersachswerfen (Thüringen) hergestellt. Der Betrieb hieß VEB Kältetechnik im Kombinat Ilka. Der Begriff Ilka ist die Abkürzung für Integriertes System Luft- und Kältetechnischer Anlagen. In der 30-jährigen Firmengeschichte wurden 30.000 Eismaschinen hergestellt. Der Betrieb war einziger Hersteller von Softeismaschinen im Ostblock. Laut Wikipedia soll das erste Softeis 1934 in den USA verkauft worden sein. Nicole Hartmann sagt: „Unser Eis ist sehr geschmacksintensiv und nicht so süß.“
Weitere DDR-Softeis-Unternehmen gibt es unter anderem in Rostock und Radebeul.
100 Gramm Softeis haben 130 kcal, zwei Gramm Eiweiß, zwei Gramm Fett und 25 Gramm Kohlenhydrate. Der Hauptbestandteil ist Wasser mit 60 Prozent.
Übrigens: In der DDR gab es nicht nur Softeis, sondern auch Kugeln. Meist drei Sorten: Die Kugel Vanille kostete 10 Pfennig, Schokolade 20 Pfennig und Erdbeereis 15 Pfennig.
So schmeckt der Sommer in Deutschland.