Wahnsinn: Weinmann und Meier laufen 160 Kilometer über die Thüringer Berge nonstop in weniger als 24
- Heidel
- 8. Juli 2016
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Ein Marathonlauf gehört zu den leichteren Übungen für Olaf Meier (47) und René Weinmann (47) aus Genthin. Absololviert haben die beiden Langstreckler Anfang Juli 2016 den Thüringen-Ultra in Fröttstädt bei Gotha. Gefordert sind dort nicht zwei, nicht drei Marathons: Der 100-Meilen-Lauf über die Thüringer Berge quer zum Rennsteig entspricht fast vier Marathonstrecken. Gemeistert haben die beiden Genthiner diese Monster-Distanz in weniger als einen Tag. Deutlich weniger: Weinmann kam unter 108 Startern als Dritter nach 19:17 Stunden ins Ziel. Nach 23:18 Stunden hatte Olaf Meier die Tortur bewältigt - Platz 21. Jährlich trainieren sie dafür 4000 Kilometer (Weinmann) beziehungsweise 3500 (Meier).

Normalerweise ist der Thüringen-Ultra ein 100-Kilometer-Lauf. Alle fünf Jahre packen die Veranstalter aus dem Dorf Fröttstädt die 100-Meilen-Distanz (also 160 Kilometer) als Zusatz ins Programm. Die Strapazen sind für einen normalen Freizeitsportler kaum nachvollziehbar. Gestartet wird in Intervallen. Meier begann seinen Lauf am Sonnabend um 19 Uhr, Weinmann eine Stunde später. Jeder Läufer musste seine Startzeit so wählen, dass er Kilometer 70 am nächsten Morgen zwischen 4 und 7 Uhr passiert. Auf ihren Rücken hatten beide Sportler einen Rucksack, unter anderem mit Stirnlampe, Handy und Verpflegung für die ersten 70 Kilometer. Bei Kilometer 67 begegneten sich die beiden Genthiner auf der Strecke: "Wir haben kurz miteinander gesprochen. Ansonsten muss jeder sein eigenes Ding machen, um nicht aus dem Rhythmus zu kommen", sagte Weinmann.
Auf solchen unfassbar langen Strecken erleben die Sportler natürlich mentale Tiefpunkte. "Bei mir war das im Morgengrauen nach der durchgelaufenen Nacht der Fall", erzählt Olaf Meier: "Ich habe gefroren und von einem Bett geträumt." Weinmann: "Ich hatte eine solche Phase gegen Mittag, als mir häufiger die Augen zugefallen sind. Dieser Erschöpfungszustand ist schwer zu beschreiben." Nicht zuletzt ist es auch die Verpflegung am zweiten Tag, die die Atlethen aus ihren Tiefs befördert hat. Das Angebot ist facettenreich – von Tee, Brühe, Wasser, Cola, Bier, über Brote mit Leberwurst oder Schmalz, bis Vollmilchschokolade und Kekse, gab es alles was das Läuferherz begehrt. René Weinmann meint: "Bei solchen Strapazen hast du Appetit auf Herzhaftes. Wichtig ist, dass du überhaupt etwas zu dir nimmst. Wer nicht essen kann oder will, hat auf dieser Strecke keine Chance." Beim Verpflegungspunkt (53 km) in Rothenhof begegneten die Läufer einem auffälligen Straßenschild: „Fröttstädt 108 Kilometer“. Die Botschaft: Nur noch 108 Kilometer bis zum Ziel. Meier: "Das wollte ich zu diesem Zeitpunkt gar nicht wissen."

Die Strecke mit den 3100 Höhenmetern absolvierte Weinmann in einer Geschwindigkeit von 8,3 Kilometern pro Stunde: "Aber um Zeiten geht es bei mir gar nicht. Ich genieße dieses einmalige Erlebnis, die liebevolle Vorbereitung der Veranstalter ganz ohne Kommerz." Er wollte diesen Lauf zusammen mit Ehefrau Jenny meistern. Sie hatte sich auch intensiv vorbereitet, bis ein gebrochener Arm ihre Pläne zunichte machte. Dennoch: Weinmann und Meier lächelten im Ziel mit der Thüringer Abendsonne um die Wette. Meier: "Wir haben abends auf einer Leinwand am Dorfgemeinschaftshaus das EM-Spiel zwischen Deutschland und Italien gesehen, während in unseren Rücken die letzten Läufer ins Ziel kamen."
Sieger des Wochenendes war Extremläufer Peter Flock (42) aus Gebesee. Nach genau 17:27:33 Stunden finishte der Athlet von Lauffeuer Fröttstädt seinen 100-Meilen-Lauf beim 10. Thüringen-Ultra. Er hatte am Ende einen Vorsprung von über 1:20 Stunden auf den Zweitplatzierten Stefan Fels. Und gleich danach war auch René Weinmann als bester Flachländer im Ziel. Für ihn ist mit dieser Herausforderung das Limit noch nicht erreicht. Er bereitet sich auf den Ultra-Trail (UTMB) in Chamonix Ende August vor - ein Lauf der Superlative: Eine durch drei Länder (Frankreich, Italien, Schweiz) führende Runde um das Mont-Blanc-Massiv - sieben Täler, 71 Gletscher, 400 Gipfel. Mit einer Streckenlänge von 168 Kilometern, mehr als 9000 zu überwindenden Höhenmetern und einem Zeitlimit von 46 Stunden gehört er zu den anspruchsvollsten Bergmarathons weltweit, die jeder Extrem-Läufer einmal in seinem Leben gemacht haben sollte. Vorausgesetzt, er qualifiziert sich dafür in einer Reihe von Ultra-Läufen. Übrigens: Der Thüringen-Ultra zählt diesbezüglich zu den leichteren Distanzen.

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